Fragestellung: Andexanet alfa (AnXa) ist ein rekombinantes und modifiziertes Faktor-Xa-Protein (FXa), das die antikoagulatorische Wirkung von direkten und indirekten FXa-Inhibitoren aufheben kann. Systematische Studien zur Wirksamkeit von AnXa zur Antagonisierung der FXa-Inhibitoren im Rahmen von fulminanten Blutungen liegen nicht vor. Daher wurde in dieser Studie die Wirksamkeit von AnXa zur Antagonisierung von Apixaban in einem polytraumatisierten Tiermodell untersucht.

Methodik: Nach behördlicher Genehmigung wurde männlichen Schweinen Apixaban p.o. (20 mg/Tag, n=21) oder Placebo (n= 7) über drei Tage verabreicht. Am 3. Tag erhielten die Tiere unter Narkose nach der Induktion eines standardisierten Polytraumas (stumpfes Lebertrauma und bilaterale Femurfrakturen) 1000 mg Bolus von AnXa (A1000), 1000 mg Bolus mit 1200 mg Infusion von AnXa über 2 Stunden (A1000+) oder Kochsalzlösung (Kontrollgruppe) gemäß der Randomisierung. Im Falle des Überlebens betrug die Nachbeobachtungszeit maximal 5 Stunden. Der primäre Endpunkt der Studie war der posttraumatische Blutverlust (BV).

Ergebnisse: Der BV in Sham-Gruppe betrug 472 ± 58 ml 12 min nach Trauma und 658 ± 98 ml am Ende des Versuches mit einer Überlebensrate von 100%. Die Antikoagulation mit Apixaban erhöhte den BV 12 min nach Trauma signifikant (888 ± 133 ml, p<0.01 vs. Sham). Die Kontrolltiere hatten einen posttraumatischen Gesamtblutverlust von 3403 ± 766 ml und verstarben frühzeitig (135 min, Intervall 92 - 193 min). Die Antagonisierung mit AnXa in den Gruppen A1000 oder A1000+ reduzierte den BV signifikant (1264 ± 205 bzw. 1202 ± 95 ml) mit einer assoziierten 100%igen Überlebensrate. Dementsprechend war die Anti-FXa-Aktivität innerhalb von 5 min nach AnXa-Bolus-Gabe signifikant auf klinisch nicht relevante Spiegel reduziert. Nach 60 min stieg die Anti-FXa-Aktivität in A1000 auf 67±63 ng/ml. Dagegen wurde die fast vollständige Antagonisierung von Apixaban in A1000+ bis zu 180 min nach Trauma beibehalten, anschließend stieg die Anti-FXa-Aktivität jedoch auf 81±67 ng/ml nach 300 min. Die hämodynamischen Parameter und Marker des Schocks (u. A. Laktat, Herzzeitvolumen, Basenexzess) normalisierten sich bei den mit Andexanet behandelten Tieren auf Ausgangswerte. 

Schlussfolgerung: Die Therapie mit AnXa in unserem Polytrauma-Modell mit fulminantem Blutverlust führte zu einer vollständigen Antagonisierung der antikoagulatorischen Wirkung von Apixaban. Bemerkenswert ist dabei, dass keine Unterschiede in Bezug auf den primären Endpunkt zwischen der Bolus-Therapie-Gruppe mit temporärer Antagonisierung der Apixabanwirkung im Vergleich zu der Gruppe mit nachhaltiger Antagonisierung (Bolus plus Infusion AnXa) gemessen wurden. Somit ist eine langfristige Antagonisierung einer antikoagulatorischen Therapie unter bestimmten klinischen Bedingungen nicht unbedingt erforderlich, um die Terminierung einer Blutung herbeizuführen.

03 - Antagonisierung von der antikoagulatorischen Aktivität von Apixaban mit Andexanat alfa in einem porcinen Polytrauma-Modell